Frühling – Szene 1

Marsrot leuchtete das Blut des Wolfpriesters auf den weißten Blüten der Maiglöckchen. Sie waren erst vor wenigen Tagen aus dem Boden gewachsen und sie würden diesen Tag nur mit viel Glück überstehen, denn über ihren kleinen Köpfen waren zwei der fähigsten Krieger der Galaxis auf Leben und Tod aneinander geraten.

Dicht neben den Blumen drückte sich das Knie einer schneeweissen Keramit-Rüstung in den feuchten Boden als der Wolfspriester sich duckte und alle Xenos mit einem Fluch versah. Nur Zentimeter über ihm glitt eine gewaltige, sichelförmige Klaue durch die Luft, wo eben noch sein weisser Helm gewesen war. Stattdessen erwischte die Klaue eine der jungen Birken, die hier in einem kleinen Hain standen und durchtrennte sie mühelos. Noch bevor der Baum zu Boden gefallen war, hatte Marcus mit einer Schraube nach hinten genug Abstand zwischen sich und das Monster gebracht um sein Energieschwert zu ziehen. Mit einem Knistern erwachte die Klinge zum Leben. Gerade noch rechtzeitig, denn die Sichelklauen bewegten sich in weitem Bogen schon wieder auf ihn zu. Zu spät erkannte das Monster allerdings die Gefahr, die von der blau leuchtenden Klinge ausging und sauber und ohne Mühe durchtrennte sie das Glied. Der abgetrennte Teil raste mit kaum verminderter Geschwindigkeit weiter und bohrte sich in den Schulterpanzer des Priesters, allerdings nicht tief genug, um ihn zu verletzen.

Aus dem offenen Stumpf schoss lila-farbenes Blut und verteilte sich über die Wiese ebenso wie über Marcus Rüstung. Der Bestie schien das wenig auszumachen und Marcus Zorn auf die Kreatur wurde von seiner Neugier überwältigt. Er hatte kämpfende Liktoren schon auf Videos gesehen und sogar mal ein totes Exemplar sezieren können. Doch die Reaktion der gewaltigen Xenos-Kreatur unvermittelt zu beobachten, war etwas völlig anderes, nicht zuletzt auch etwas tödliches. Marcus wußte, dass Liktoren weit bessere Space Marines als ihn getötet hatten und er war sich ziemlich sicher, dass dieses Exemplar sogar persönlich einen seiner Schlachtbrüder auf dem Gewissen hatte. Dennoch befahl er den anderen Space Wolves in seinem Trupp über Komm, nicht das Feuer zu eröffnen. Über diese Kreatur gab es zuviel zu lernen und Marcus ahnte, dass sie dieses Wissen in der kommenden Zeit bitter nötig hätten.

Leider sah Bruder Jul das nicht so. Er hatte seinen Bolter bereits im Anschlag und knallend schickte er der widerlichen Kreatur die ersten Geschossen entgegen. Marcus war nur Wolfspriester – auch wenn er sich selber seit seiner Zeit bei der Deathwatch eher als Apothecarius verstand – und genoss daher zwar viel Ansehen, stand in der Befehlskette aber unter Jul, der Wolfsgarde-Rudelführer war und diese Mission verantwortete. Jul wußte, dass er ziemlichen Ärger mit ihrem Wolflord bekommen würde, wenn er Marcus nicht in einem Stück zurückbrachte. Die Freundschaft zwischen Marcus und Isbrand war im ganzen Orden ohne gleichen. Aber nicht nur deshalb genoss er den besonderen Schutz des Lords. Der hagere und stets etwas blasse Marcus war nicht nur der beste Apothecarius des Ordens, er war auch einer der bekanntesten Xeno-Biologen und regelmäßig kamen Abgesandte der Magii Biologis, um sich mit Marcus zu beratschlagen.

Krachend zerrissen Juls Geschosse die Beine des Liktors unter den Oberschenkeln, wenn man bei einem Liktor überhaupt von so etwas wie Oberschenkeln sprechen konnte. Jul kannte Marcus allerdings lange genug, um zu wissen, dass er es sich mit dem Apothecarius nicht verscherzen sollte und Marcus hatte ihn schon mehr als einmal zusammengeflickt. Jetzt sah er zu, wie der Liktor, der Marcus fast ums doppelt überragte, um sein Gleichgewicht rang und zur Seite zwischen die kleinen Birken kippte.

Marcus war für einen kurzen Augenblick überrascht von der einstürzenden Kreatur. Er hatte Jul nicht gesehen, war mit dem Ergebnis aber sichtlich zufrieden. Der Liktor war zwar immer noch ein gefährlicher Gegner aber entkommen würde er ihnen jetzt nicht. Bei der Kreatur war diese Einsicht scheinbar noch nicht angekommen. Er versuchte sich mit seinen verbliebenen Gliedmaßen weiter in den kleinen Birkenhain zu schleppen und seine Chamäleonschuppen passten sich bereits wieder seiner Umwelt an. Aber die massige Gestalt war für Marcus und seine Brüder unübersehbar, jetzt da sie nur noch langsam voran kroch.


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